Stockwerk 8

Ich war froh endlich ein paar MInuten für mich alleine zu haben. Seit dem Frühstück war ich eigentlich ununterbrochen in Gesellschaft gewesen, meist in der anderer Tribute. Das mochte mir zwar für die Aren helfen aber es war auch anstrengend. Vor allem die Sache mit Matthew und Jim hatte mich beinahe zum Nervenzusammenbruch getrieben. Auf meinem Stockwerk merkte ich zu meiner Überraschung dass ich alleine war. Mein Mittribut war wohl noch bei der Bewertung, die ich gerade mehr oder minder erfolgreich hinter mich gebracht hatte. Ich stellte mich unter die Dusche und drückte wahllos die verschiedensten Knöpfe bis ich die richtige Einstellung für mich gefunden hatte. Das Wasser traf mich erst warm und dann kalt und hinterließ ein wohliges Gefühl auf meiner Haut. Nach dem Duschen ließ ich mir von meinem Kleiderschrank ein kuscheliges Outfit zurecht legen und setzte mich dann im Wohnzimmer vor den Fernseher. Hier liefen den ganzen Tag Zusammenschnitte der Ernten und ich wollte meine Zeit vor den Interviews nutzen um mir über eventuellen Verbündete Gedanken zu machen. Ich zog Stift und Papier zu mir heran und ließ die kompletten Ernten noch einmal durchlaufen. Jim fiel gleich raus, ebenso Camilla aber Matthew notierte ich mir mal. Ich war mir nicht ganz sicher was er von mir hielt, aber ginge es nach mir würde ich mich mit ihm zusammen schließen. Er war stark und ich vertraute ihm soweit dass ich zumindest halbwegs ruhig in seiner Nähe schlafen könnte. Die Tribute aus 3 hinterließen keinen bleibenden Eindruck bei mir, ebenso wenig der männliche aus 4. Die beiden aus 5 notierte ich mir auch mal, aber das lag eher daran dass ich sie bei den Trainings bisher kaum gesehen hatte und noch nicht genau wusste was sie drauf hatten. Nachdem ich alle Ernten erfolgreich durchgeschaut hatte standen zudem noch die Tribute aus 10 und 12 auf meiner Liste. Ich schaltete den Fernseher ab und machte mich auf dem Sofa breit. Bis die Stylistin in meinem Stockwerk angekommen war würde es sicherlich noch ein wenig dauern und ich wollte die Zeit nutzen um vor der Arena noch etwas Schlaf zu sammeln.

Im 8. Stockwerk war wieder nur das Mädchen da. Da sie aus dem Distrikt für Textilien kam, hatte ich eine ganz besondere Idee. Ihr Kleid sollte aus hellem, gelben Stoff sein. Um die Hüfte ein orangener Gürtel und unten am Kleid eine kleine Kirsche. Das würde sie ein wenig spielerisch erscheinen lassen und bei den Leuten im Kapitol super ankommen. Ich besprach es kurz mit ihr und da sie nichts einzuwenden hatte, konnte ich auch schon bald wieder weiter.

Grinsend verließ ich den Fahrstuhl. Es war ein gutes Gefühl, diesen Leuten mal, wenigstens ein bisschen, die Meinung gegeigt zu haben und es war befreiend zu wissen, dass man mit der Bewertung durch war, auch wenn sie mir sicherlich nicht so viel gebracht hatte. Ich rechnete nicht mit mehr als 6 Punkten.
Im Apartment ließ ich mich aufs Sofa fallen und schnappte mir von dem Tisch vor mir ein Glas und eine Flasche Wasser, schenkte mir etwas ein und stellte die Flasche zurück. Mein Blick fiel auf eine Mappe auf dem Tisch, ich griff nach ihr und schaute hinein. Es waren Bilder und Skizzen von meinem Anzug für das Interview darin. Sah gar nicht so übel aus, ich war gespannt wie das Teil real an mir wirkte. Da ich anscheinend alleine war, griff ich nach der Fernbedienung und schaltete den Fernseher ein. Es liefen verschiedene Berichte auf den ganzen Kanälen, über das Aufgebot aus Distrikt 13 und so weiter. Ich sah mir den Bericht an, auch wenn er mich reichlich wenig interessierte.

Ich hatte gar nicht lange geschlafen als die Stylistin zur Türe herein geschwebt gekommen war und mit mir mein Interviewkleid besprochen hatte. Ich fand es wirklich schön, aber im Grunde war es eigentlich egal was ich anhatte da ich ohnehin bald vor lauter Dreck, Schlamm und leider Gottes auch Blut nicht wieder zu erkennen sein würde. Ich seufzte als die Stylistin das Zimmer verließ. "Was solls!", murmelte ich und zog mich in mein Ziummer zurück um dort zu duschen und mich mental auf das Interview vorzubereiten. Ich wusste nicht genau was da auf mich zukommen würde, aber ich wollte nicht völlig unvorbereitet dort hin gehen. Als ich in das Wohnzimmer zurück kam, lief der Fernseher und mein Mittribut saß auf dem großen Sofa davor. Ron war gerade mal Dreizehn, ganze drei Jahre jünger als ich und als er gezogen wurde hatte ich ein furchtbar schlechtes Gefühl. Nur einer von uns würde es wenn überhaupt schaffen und ich hatte mit meinen sechzehn Jahren schon Probleme damit umzugehen. Wie würde es da erst in Ron aussehen. Ich tart neben das Sofa und deutete auf den Platz neben ihm.

"Hey. Darf ich?", fragte ich ihn und schaute auf den Fernseher, der wieder mal Sonderberichte rund um die Spiele sendete. "Da fragt man sich ob die nicht langsam die Schnauze voll davon haben!", meinte ich lachend und deutete auf den Bericht der in den grellsten Farben über den Bildschirm flimmerte, "Wie lief deine Bewertung?"

Das was sie sagte stimmte. Es war schon der 50ste Bericht in den letzten Tagen, jedenfalls hätte ich das so geschätzt. „Naja sie müssen um die Begebenheiten der ersten Spiele ordentlich Wirbel machen. Wieso weshalb warum und so.“ gab ich zurück und nickte ihr bestätigend zu, dass sie sich setzen durfte.

„Naja es ging so“ antwortet ich auf ihre Frage, wie meine Bewertung verlaufen war. Ich vermutete zwar, dass ich Eindruck hinterlassen hatte, aber nicht, dass dieser auch positiv war. „Ich bin kein guter Schütze und hab 2 von drei Pfeilen vorbeigeschossen.“ Darüber lachte ich. Ich gab mich lässig, das war ich zwar in gewisser Weise auch, andererseits war da diese verdammt große Anspannung, dass ich definitiv sterben würde. Egal was kam. So viel Glück würde ich nicht haben und diese Spiele gewinnen.
„Wie findest du dein Kleid? Ich habs mir eben in der Mappe angeschaut, ich finds gar nicht schlecht.“ Ich redete schon wieder verdammt viel, aber das war nun mal ich und ich würde mich nicht auf die letzten Stunden die ich noch zu leben hatte verstellen. Wenn ich sie nervte konnte sie mir es ja sagen oder einfach gehen. Ich richtete meinen Blick wieder auf den Fernseher ...

Ich setzte mich auf einen der gemütlichen Sessel und schenkte mir ein Glas Wasser ein. Nach dem langen Schlafen vom Nachmittag und auch wegen der Aufregung um die bevorstehenden Interviews hatte ich eine ganz trockene Kehle bekommen. Ich nahm zwei kleine Schlucke und ließ mir Rons Worte durch den Kopf gehen. Er hatte schon ganz Recht damit, sie mussten die Spiele schmackhaft machen. "Vermutlich sind doch noch nicht alle so überzeugt von den Spielen, wie sie es gerne hätten!", meinte ich aber leise, denn mit solchen Aussagen sollte man immer vorsichtig sein. Vorallem wenn man nicht zuhause in Sicherheit sondern im Kapitol war.

Offenbar lief sein einzeltraining nicht ganz so gut und das konnte ich gut nachvollziehen. Ich hatte zwar recht ordentlich geschossen, dafür dass ich es erst am Tag zuvor gelernt hatte aber irgendwie war es doch nicht so das gelbe vom Ei gewesen. "Ich habs auch mit Bogenschießen versucht aber ich weiß nicht ob ich so sonderlich überzeugt hab. Da gabs einfach Leute, die darin deutlich besser sind.", erwiderte ich und zuckte mit den Schultern. So wirklich machte es mir nicht mal was aus, denn sterben würde ich so oder so. Das war Fakt und ich brauchte mir in der Hinsicht nichts vorzumachen. "Naja wenn man bedenkt, dass ich mein ganzes Leben noch nie einen Bogen in der Hand gehalten hab liefs eigentlich recht passabel!", schloss ich und nickte als Ron fragte ob ich mein Kleid bereits gesehen hatte. "Ja, hab ich. Die Stylistin war da als ich auch gerade hier war, also konnte sie mir sogar ihre Idee dahinter erklären. Es ist schick, dafür dass ich es nur einmal in meinem Leben tragen werde!"
Mein Blick fiel auf die Mappe, in der die Zeichnung meines Kleides war. Zuhause hatte ich nie so etwas kostbares getragen und es fühlte sich furchtbar falsch an es jetzt zu tun. "Wir sollten uns vielleicht mal richten. Die Interviews haben schon angefangen!", meinte ich und knuffte Ron in die Seite. Ich mochte ihn, aber das hier war gerade eine Reflexhandlung gewesen. Zuhause bei meinen Geschwistern hatte ich das auch immer getan wenn ich sie zu irgendwas bewegen wollte.